Dreiundzwanzig – 23.08.2012

Der Zwölfelf nannte sich aus Sparsamkeit Dreiundzwanzig und sparte sich damit -6 bzw. -5 Buchstaben bei Kreuzworträtselumlaut, er kann es natürlich auch noch rationeller 23 schreiben.

Vilhelm Flusser weist darauf hin, das Zahlen ein kommplett anderes Zeichensystem sind als Buchstaben, sie sind genau genommen den chinesischen Zeichen verwandter als den Buchstaben. Er meinte das nach der magischen Bilderwelt der Vorschriftlichen Zeit nun wieder eine Bilderwelt auf uns zu kommt. Nicht nur über die Allgegenwart der Zahl, sondern auch durch die von Technischen Aparaten erzeugten Bilder und Filme.

In meiner Zeit im Doktorandenseminar bei Prof. Rentschler / Profa. Mitzdorf (am Pöppel-Lehrstuhl LMU München) hatte ich mal eine Diskussion mit einer Doktorandin. Sie meinte wissenschaftliche Arbeiten müssen immer verschriftlicht sein. Erkenntnisse, die nur über Filme, Simmulationen und Anschauungsmodelle gewonnen werden können sind keine Wissenschaft. Das ist nun achtzehn Jahre her und war darmals auch schon nicht richtig. Interessant ist aber, das die linearisierbare Welt der Schrift in den Köpfen der Menschen eine so große Bedeutung hat.

Flusser nennt das Magische Weltbild zirkulär, so wie die jahreszeitlichen Rhythem oder das Pflanzenwachstum. Tatsächlich ist das lineare Denken, abstrakter als das bildhafte Denken, glauben doch viele Menschen Bilder können nicht lügen. Auch wenn es Filme wie „Wag the Dog“ gibt, ist die Unmittelbarkeit des Bildes vielen Menschen ein Garant für die Echtheit. Es wäre daher dringend angeraten die Medienerziehung und vorallem das produzieren von Filmen in den allgemeinen Schulstoff mitaufzunehmen.

Bei Cage gibt es eine Phase des Übergangs von klassischer Notation (wie beispielsweise bei „Sonatas and Interludes“ 1948) hin zu graphischer Notation, wie z.B. bei „Concert for Piano and Orchestra“ von 1958 (siehe DU Heft vom Mai 1991 S 42-47). Hier sind die 63 einzelnen Blätter für das Pianosolo zwar in sich „durchnotiert“, wenn man die Graphiken so bezeichnen möchte, ihre Reihenfolge ist aber nicht festgelegt. Die lineare Reihenfolge einer klassischen Komposition ist einer wilkürlichen Reihe gewichen. Cage: „Das Ganze muss als Materialkorpus verstanden werden, von dem ein Minimum (nichts wird gespielt) oder ein Maximum (alles wird gespielt) die extremen Darbietungsformen sind, und zwar sowohl horizontal wie vertikal gelesen.“ (zitiert nach DU).

Owohl die Aufführung dennoch Linear von statten geht, im normalen Zuschauer-Musiker-Verhältnis eines Konzertsaals und mit dem normalen physikalischen Zeitpfeil anders ist es uns ja nicht möglich), gleicht das Material einem Zyklus, wenn die Auswahl getroffen ist und die Auswahl gespielt wurde ist der Zyklus zu Ende. Und erst mit einer neuen Aufführung (theoretisch müsste der Pianist bei jeder Aufführung neues Material auswählen) wird wieder ein neuer Zyklus begonnen und beendet. Ein „vollendeter Interpret“ (klassischer Prägung) müsste also das ganze Material in petto haben oder (und das ist es, worauf Cage meiner Meinung nach hinaus wollte) er hat garnichts in petto und spielt jedesmal wie ein Anfänger (der beginners mind spielt im Zen ja eine wichtige Rolle und Cages Zen-Studien bei Suzuki fallen ja genau in die Periode zwischen den beiden Kompositionen).

Ich denke dieser Anfängergeist ist die am schwersten zu schluckende Kröte für alle „Kassik-Fans“, den hier ist man es ja gewohnt eine lange destilierte und raffinierte Auswahl (Flusser nahm den Begriff „lesen“ wörtlich, als „eine Auslese treffen“, das Beste behalten). Doch wie Destillerieprodukte berauschen und Raffineriezucker den Geschmack verderben können (es ist eine Erfahrung wenn man sich mit Makrobiotischer Ernährung beschäfftigt, wie süß Getreide und andere einfache Speisen schmecken können, man muss sich nur vom „Geschmack“ des Industriezuckers entwöhnen), kann ein zuviel an Virtuosentum den Musikgeschmack verderben (ich habe es bei einer Jam-Session erlebte, dass der Mischer irgendwann seine Anlage ausgeschalten hat, da die Leute mit den Bühnenverstärkern alles übertönten und sich gegenseitig „ihre Instrumente um die Ohren gehauen“ haben. Das Ergebnis war berauschend wie eine Schnappspulle, machte entsprechend Kopfweh und hinterließ sonst keinerlei Spuren, ausser vielleicht dem Gefühl, dass einem einige Minuten Zeit im Leben fehlen).

Die meiste Musik von Cage ist für den Live-Eindruck geschrieben und sollte auch nur vom daher betrachtet werden (seinen Unmut über Aufnahmen hat er ja in seinen Lecturs beschrieben, nicht ohne das in einem Interview gleich wieder zu brechen).

Die Tagesfrage: „Wie kann ich Wegbegleiter für einen Tag über Twitter interessieren ?“

Dazu muss ich zunächst mal twittern, das hab ich momentan noch nicht getan, da ich nach wievor keine Handy hab und mich auch sonst von Twitter bisher fern gehalten habe. Wäre es nötig?

Aber weiter gefasst kann die Frage ja lauten, wie kann ich Wegbegleiter kurzfristig motivieren. Da ich ja nicht vorhabe jeden über meinen genauen Standort zu informieren ist dies schwierig und ich glaube es passt auch einfach nicht zum Konzept des Cage-Walk. Besser ist über eine „gefilterte“ Handynummer erreichbar zu sein und dieser Filter sollte über ein „Basislager“ gehen, daran arbeite ich noch….

Der zweite Teil der Frage, könnte lauten: Wäre Twitter ein geignetes Medium für den Cage-Walk? Auch diese Frage kann ich noch nicht beantworten, da ich keine Erfahrung mit Twitter habe.

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Frage für heute: „Welche Erkennungsmerkmale warnen rechtzeitig vor Regen ?“

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